Welchem ursprünglichen Zweck der Keuschheitsgürtel diente, ist heute bekanntlich nicht mehr nachzuvollziehen. Für viele gilt immer noch die Mär vom schönen Burgfräulein und dem edlen Ritter, der in die Schlacht zog und seine Holde durch den so genannten Florentiner Gürtel vor Ehebruch schützen wollte. Moderne Historiker und Ärzte gehen jedoch davon aus, dass es sich beim Keuschheitsgürtel auch damals schon um ein Fetischobjekt handelte.
Keuschheitsgürtel als „Anti-Rape“ Wear
Bald verkauft die amerikanische Bekleidungsfirma AR-Wear eine Art modernen Keuschheitsgürtel für Frauen. AR-Wear steht für „Anti-Rape“-Wear also Anti-Vergewaltigungs-Kleidung. Die Wäschehersteller wollen ihre Ware nach dem Motto „Trage Keuschheitsgürtel, dann bist Du vor Vergewaltigung sicher“ an die Frau bringen. AR-Wear hat auf der Crowdfunding Plattform ihr Ziel von 50.000$ erreicht und somit genug Unterstützer/innen. Dass das „männersichere Höschen“ auch einem Messer standhält, wirkt für mich wenig vertrauenserweckend, wenn ich mir vorstelle, dass der Vergewaltiger sich frustriert mit dem Messer zu schaffen macht. Wer bereit ist zu vergewaltigen hat, wenn es darum geht mit Gewalt die Dame zum Entriegeln des Keuschheitsgürtels zu bekommen vermutlich auch eine etwas niedrigere Hemmschwelle – auch wenn im Werbevideo von AR-Wear – ohne konkrete Quellenangabe – gesagt wird, dass es laut „Studien“ nicht zu einer Erhöhung der Gewalt kommt.
Ist die Frau immernoch dafür verantwortlich, dass es nicht zur Vergewaltigung kommt?
Allerdings wurde dadurch auch eine öffentliche Diskussion ins Leben gerufen, deren Ergebnis noch nicht abzusehen ist. Der eigentlich gute und richtige Gedanke, Frauen vor Vergewaltigungen zu schützen, hat in diesem Fall nämlich einen entscheidenden Haken. So fragen sich renommierte Zeitungen wie Stern, TAZ oder Guardian, ob hier nicht versucht werden soll, die Verantwortung für einen Straftatbestand in die Hände der Ofer zu legen. Außerdem, so die Gegner der Keuschheitsgürtelkampagne von AR-Wear, kann niemand voraussagen, wie ein Vergewaltiger reagiert, wenn er bei seinem Opfer auf Hightech Unterwäsche stößt. Vorallem ist eine Vergewaltigung ja nicht damit abgewendet, dass es nicht zum Vollzug kam. Das Opfer ist in einer Situation in der nur noch das Keuschheitsgürtel-Tragen die Vergewaltigung verhindern kann schon traumatisiert genug. Ziel im Kampf gegen die Vergewaltigung muss es doch sein, dass es überhaupt nicht soweit kommt!
In wieweit sich der moderne Keuschheitsgürtel durchsetzen wird, ist aufgrund der kontroversen Diskussion noch nicht abzusehen. Fest steht aber, dass die öffentliche Auseinandersetzung über den Keuschheitsgürtel von AR-Wear den Bekanntheitsgrad des Produktes nachhaltig gesteigerter hat. Frei nach dem berühmten amerikanischen Slogan „Write what you want, but spell my name right“, kann man davon ausgehen, dass der US-amerikanischen Firma diese kostenlose Publicity gerade Recht ist.